6. Kenndaten von Solarzellen und Abhängigkeit von äußeren Faktoren


Zu Beginn des vorigen Abschnitts habe ich die zellinternen Verluste aufgeführt, welche eine starke Verringerung des Wirkungsgrad zur Folge haben. Neben diesen inneren Faktoren haben auch sog. äußere Faktoren Einfluss auf die Energieausbeute.
In verschiedenen Experimenten sowohl im Schullabor als auch im Freiland habe ich versucht, die Ergebnisse der Fachliteratur mit meinem eigenen PV-Modul zu bestätigen. Ursprünglich war geplant, diese Versuche an der Solaranlage der Schule durchzuführen, doch war diese zu damaliger Zeit defekt, sodass ich improvisieren musste und deshalb leider auch den Computer bei der Langzeitmessung nicht einsetzen konnte. Doch trotz der weniger genauen Messwerte stimmen nahezu alle Ergebnisse erstaunlich gut mit denen in Fachbüchern überein.
Sämtliche Experimente wurden mit einem 33 cm · 36 cm großen monokristallinen Siliziummodul durchgeführt, d. h. mit 34 in Reihe geschalteten Zellen (ausführliche Informationen zu Modulen im nächsten Kapitel!). Das bedeutet, dass sich die Teilspannungen der einzelnen Zellen zu ca. 17 V aufsummieren und zusammen mit den angegebenen 12 Wp des Herstellers (Showa Energy K. K., Japan) berechnet sich die maximale Stromstärke zu rund 706 mA.
Für alle Laborversuche konnte die einfache Messschaltung verwendet werden, wie sie in Abb. 11 dargestellt ist, nur der Lastwiderstand bzw. die Lichtquelle musste für den jeweiligen Versuch entsprechend modifiziert werden.


6.1 Kennlinie bei unterschiedlichen Lichtintensitäten

Im ersten Experiment habe ich den Zusammenhang zwischen Stromstärke und Spannung untersucht, der dabei enstehende Graph wird in der Fachsprache als Kennlinie einer Solarzelle bezeichnet. Der Verbraucherwiderstand wird von anfangs 0 Ohm langsam erhöht, wichtig ist, dass der Abstand Lichtquelle - Modul nicht verändert wird, weil damit eine Änderung der Bestrahlungsstärke verbunden ist (siehe 6.3!). Der Versuchsaufbau und die damit gemessenen Werte sind in den folgenden Abbildungen dargestellt:

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Abb. 13: Kennlinie bei unterschiedlichen Lichtintensitäten



Ergebnis:
Bei dem zunächst eingestellten Widerstand von 0 Ohm herrscht Kurzschluss, d.h. U=R · I=0. Erhöht man den Verbraucherwiderstand, so steigt U schnell an, die Stromstärke geht leicht zurück. Bei R=250 Ohm (rot) bzw. R=1000 Ohm (blau) macht die Kurve einen mehr oder weniger starken Knick; die Stromstärke geht stark zurück. Lässt man R maximal werden, so steigt die Spannung kaum mehr an, die Stromstärke geht gegen 0.
Kurzschlussstromstärke (R=0) und Leerlaufspannung (R=unendlich) hängen also unterschiedlich stark von der Lichtstärke ab: die Leerlaufspannung erhöht sich bei knapp 5-facher Bestrahlungsstärke ledig-lich um 3 V, die Kurzschlussstromstärke dagegen steigt auf 5 · 12 mA=60 mA an. Die naheliegende Vermutung einer Proportionalität zwischen der Bestrahlungsstärke und I wird in 6.3 bestätigt!
Eine mögliche Erklärung dafür könnte in einer höheren Anzahl von Photonen bei höherer Bestrahlungsstärke liegen. Geht man von einem proportionalen Anstieg ihrer Zahl bei einer x-fachen Erhöhung der Lichtstärke aus, so steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass Photonen auf die Grenzschicht treffen und freie Ladungsträger erzeugen, proportional an. Die Stromstärke steigt dementsprechend auch. Die Ursache für den nur geringen Einfluss auf die Spannung sehe ich darin, dass bei einer höheren Lichtstärke der Innenwiderstand abnimmt (wäre er konstant, dann wäre ja die U-I-Kennlinie eine Gerade; vgl. auch Anhang 3!). Deshalb steigt auch die Spannung nur wenig an (U=R · I, Stromstärke und Innenwiderstand sind "gegenläufig").
Ein Besonderheit ist der "Knickpunkt" der Kennlinie. Hier ist das Produkt aus Spannung und Stromstärke, also die Leistung, maximal, weshalb man auch vom MPP (Maximum Power Point) spricht. Im nachfolgenden U-P-Diagramm ist der jeweilige MPP deutlich zu sehen:

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Abb.14: Leistungskennlinie bei unterschiedlichen Lichtintensitäten



Es ergibt sich bei der Hg-lampe eine maximale Leistung von 9,5 V · 9,5 mA=90,25 mW; beim Strahler beträgt sie 13,2 V · 52,6 mA=694,32 mW, also knapp das 8-fache.Will man das größtmögliche an Leistung aus der Solarzelle "herausholen", dann muss der Verbraucherwiderstand so gewählt werden, dass der Arbeitspunkt gerade im MPP liegt was in der Praxis allerdings nur sehr schwer zu realisieren ist (siehe 7.!)


6.2 I und U in Abhängigkeit von der Bestrahlungsstärke

Im vorigen Versuch war der Abstand d von Lichtquelle und Solarmodul konstant und der Verbraucherwiderstand wurde schrittweise verändert. Welche Folgen für I und U ergeben sich aber bei konstantem Widerstand und veränderbarem d? Um höhere Messwerte zu erhalten verwendetete ich den Strahler als Lichtquelle und führte den Versuch außerdem im abgedunkelten Raum durch damit das Tageslicht die Messung nicht verfälscht. Die Versuchsanordung blieb unverändert.

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Abb. 15: I und U in Abhängigkeit von d



Ergebnis:
Wie im voherigen Experiment ist die Spannung relativ unabhängig von der Bestrahlungsstärke (bei 10-facher Entfernung ist sie um 13,2 % gesunken), die Stromstärke beträgt allerdings bei 10-fachem Abstand nur mehr 12,9 % vom Anfangswert. Berechnet man nun von den Messwerten ausgehend die jeweilige elektrische Leistung (P=U · I) und trägt sie in ein U-P und I-P-Diagramm ein, so wird die eingangs vermutete Proportionalität bestätigt:

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Abb. 16: I und U in Abhängigkeit von P



Zu beachten ist, dass die Steigung der Gerade nicht den Proportionalitätsfaktor zwischen I und der Bestrahlungsstärke angibt (die hier angegebene Leistung ist die elektrische Leistung und nicht die Lichtleistung, daher kann man von ihr nicht auf die Bestrahlungsstärke E=dP/dA schließen). Sie bestätigt aber trotzdem die Proportionalität, da die elektrische Leistung ja ein gleichbleibender Prozentsatz der Lichtenergie ist.


6.3 Abhängigkeit von Spannung und Stromstärke vom Einfallswinkel

Die Ursache unserer Jahreszeiten ist bekanntlich die schrägstehende Erdachse, die einen unterschiedlichen Einfallswinkel des Lichts im Jahresverlauf zur Folge hat. Auch im Tagesverlauf werden in der Regel die höchsten Temperaturen zur Mittagszeit erreicht, wenn die Sonne im Zenit steht, also der Einfallswinkel am kleinsten ist. Im nächsten Experiment untersuchte ich daher den Einfluss des Einfallswinkels a auf die Solarzelle (hier reichte die Lichtleistung der Hg-dampflampe aus).

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Abb. 18: I und U in Abhängingkeit des Einfallswinkels



Ergebnis:
Die Spannung nimmt mit zunehmendem Winkel immer stärker ab, beträgt aber bei a=0° noch über 50 % des Anfangswerts. Mögliche Erklärung: bei abnehmender Bestrahlungsstärke nimmt der Innenwiderstand zu (siehe 6.2), R und I sind wieder gegenläufig, d. h. U nimmt nicht so stark ab wie I.
Die Kennlinie der Stromstärke stimmt mit dem Verlauf einer Kosinusfunktion überein, die Abweichungen bei a > 90° rühren meiner Meinung nach von der Streustrahlung her, also von Strahlung, die von irgendwelchen Gegenständen reflektiert wurde und auf die Modulfläche traf. Dieses "Restlicht" verhindert also ein Absinken sowohl der Stromstärke als auch der Spannung auf den Nullpunkt. Im Freiland kommt es daher auch – bedingt durch diese Streustrahlung – zu einer geringen Stromproduktion, wenn es stark bewölkt ist. Die folgende Abbildung erläutert das Zustandekommen der Kosinuskurve:
Man teilt die schräge Modulfläche in einen horizontale und vertikale Fläche auf. Die für die Stromerzeugung relevante horizontale Fläche berechnet sich demzufolge aus A · cos (a) (jeweils paarweise aufeinanderstehende Schenkel).


6.4 Einfluss der Temperatur auf Spannung und Stromstärke

Im letzten Laborexperiment untersuchte ich die Abhängigkeit von U und I von der Temperatur, da sich an heißen Sommertagen die dunkelblauen bzw. braunen Zellen auf über 70° aufheizen können. Der Versuchsaufbau und die Messwerte sind in den folgenden Abbildungen dargestelt:

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Abb. 21: U und I in Abhängigkeit von der Temperatur



Ergebnis:
Die Stromstärke steigt kaum merklich an (bei einer Temperaturerhöhung von 25° gerade mal um 7 mA), bedeutender reagiert dagegen die Spannung: sie sinkt von 19,2 V auf 16,2 V. Da sind immerhin knapp 16 %. Paradoxerweise kommt es daher an heißen Sommertagen mit hoher Sonneneinstrahlung zu beträchtlichen Leistungseinbußen! Als Ursache für den Spannungsabfall vermute ich eine höhere Rekombinationsrate, denn aufgrund der höheren kinetischen Energie der Atome können zwar Elektronen leichter herausgelöst werden, doch ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese sofort in nächstliegende Löcher "springen", auch erhöht.


6.5 Leistung einer Solarzelle im Tagesverlauf

Alle aus den Grundlagenexperimenten gewonnen Erkenntnisse sollen nun in einer Langzeitmessung bestätigt werden. Zuerst habe ich für drei unterschiedlich hohe Widerstände die Tagesleistung am sonnenreichen 04.09.1996 festgehalten:
(Modul ist wegen der Breitenlage unter 45° nach Süden ausgerichtet)

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Abb. 23: Tagesleistung bei verschiedenen Widerständen



Ergebnis:
Bei allen drei Widerständen ist ein Anstieg der Leistung frühmorgens und ein Absinken in den Abendstunden zu erkennen - je kleiner der Widerstand, desto ausgeprägter. Spitzenwerte für die beiden kleineren Widerstände sind in den Mittagsstunden zu verzeichnen (kleinster Einfallswinkel, vgl. 6.3), um 14 Uhr verursachte ein kleines Wolkenaufkommen eine geringe Leistungseinbuße. Betrachtet man die Kennlinie des größten Widerstandes, so ist kein sichtbares Leistungsmaximum zu erkennen, sondern die Stromproduktion beträgt über Stunden schlappe 360 mW.
Daraus lässt sich folgendes schlußfolgern: der 20 Ohm-Widerstand kommt von allen dreien dem optimalen Widerstand über weite Strecken am nächsten, weil er die größte Leistungsbilanz vorweist. Ihm folgen der 150 Ohm- und zuletzt der 1000 Ohm-Widerstand. Bei niedrigen Einstrahlungen am Morgen und abends aber ist er am weitesten von ihm entfernt, denn der 150 Ohm- und auch der 1000 Ohm-Widerstand erzielen hier höhere Leistungen.
Dieses Experiment verdeutlicht nocheinmal, wie wichtig es ist, einen veränderbaren Verbraucherwiderstand einzusezen der dafür sorgt, dass bei jeder Bestrahlungsstärke die Leistung derjenigen im MPP entspricht. Die Auswirkungen sind zwar nicht so gravierend, wenn der Widerstand zu klein gewählt wird, denn bei kleiner Bestrahlungsstärke kommt es sowieso zu kaum einer Stromproduktion. Umgekehrt sind die Folgen aber fatal, wie unser Beispiel besonders gut veranschaulicht: in den Mittagsstunden liefert der 1000 Ohm-Widerstand knapp 5 % der möglichen elektrischen Leistung!


6.6 Tagesleistung des Solarmoduls im Wochenverlauf

Um die Abhängigkeit von Solarzellen von der Witterung zu demonstrieren, habe ich Stromstärke- und Spannungsmessungen in 3-Stunden-Intervallen durchge-führt und wählte dafür die Woche vom 30. August bis 6. September. Aufgrund der großen Messintervalle kam es zwangsweise zu sprunghaften und damit wenig aussagekräftigen Kurvenverläufen, denn wie schon in der Einleitung erwähnt konnte ich den Computer nicht zuhilfenehmen. Deshalb sind die Messergebnisse und die dazugehörigen Diagramme nur im Anhang 1 aufgeführt. Stattdessen habe ich die Tagesdurchschnittswerte im Wochenverlauf dargestellt:

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Abb. 24: Durchschnittliche Tagesleistungen verschiedener Widerstände



Die Kurvenverläufe entsprechen eindeutig den damaligen Witterungsverhältnissen:

–›Sonnige Tage mit vereinzelten Wolken (30.08., 03.09.) hatten Werte im mittleren Leistungsbereich zur Folge.
–›Stark bewölkte Tage ohne direkter Sonneneinstrahlung (01.09., 02.09., 05.09.) führten zu sehr geringen Tagesleistungen.
–›Sehr sonnige Tage ohne bedeckten Himmel (04.09., 06.09.) hatten Spitzenleistungen zur Folge.

Es ist wohl daraus sehr deutlich geworden, dass eine Solaranlage wegen der unbeständigen Wetterlage meistens nur in Verbindung mit anderen Stromquellen oder Speichereinrichtungen eingesetzt werden kann. Doch dazu mehr im nächsten Abschnitt!


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